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Experten-Interview: Eigenverbrauch von Gewerbestrom – was ist steuerlich zu beachten?

Welche Steuern fallen an, wenn Sie auf Ihre gewerbliche Dachfläche eine Photovoltaik-Anlage installieren, um den damit erzeugten Solarstrom im Betrieb zu verbrauchen und Überschüsse ins Netz einzuspeisen? Wie müssen Sie den Eigenverbrauch versteuern und was ist dabei zu beachten? Im Interview beantwortet der Experte für gewerbliche Photovoltaik, Diplom-Finanzwirt und Steuerberater Rüdiger Quermann, diese und andere Fragen.

Rüdiger Quermann, was muss ein Landwirt, Gewerbetreibender oder Industrieunternehmer steuerlich bedenken, der sein Gewerbedach mit einer eigens finanzierten Photovoltaik-Anlage bestücken lässt, um den Strom dann selbst zu nutzen oder ins Netz einzuspeisen?

Rüdiger Quermann: Der Dachbesitzer, ganz gleich, ob er als Landwirt einen landwirtschaftlichen, als Gewerbetreibender einen gewerblichen oder als Industrieunternehmer einen Industriebetrieb führt, ist steuertechnisch bereits ordentlich aufgestellt.

Die Investition in den Bau einer Photovoltaik-Anlage auf dem Betriebsdach kommt dann dem Kauf einer Maschine gleich und wird steuerlich genauso behandelt: Die Anlage ist in diesem Fall ein sogenanntes Wirtschaftsgut. Sie zählt zum so genannten Anlagevermögen, das dauerhaft betrieblich genutzt werden soll: Entsprechend ihres Wertes erhöhen sich damit die Abschreibungen in der Gewinnermittlung des bestehenden Betriebs. Genaugenommen ändert sich hier also nur eine Zahl in den bisherigen Steuerpapieren.

Auf die Anschaffungskosten der Anlage, deren geplante Nutzungsdauer mehr als ein Jahr beträgt, müssen die steuerrechtlichen Vorschriften für eine Abschreibung angewendet werden.

Was bedeutet Abschreibung?

Die Abschreibung soll die Anschaffungskosten der Anlage über die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilen. Dies entspricht auch dem Gedanken einer Kostenrechnung, die Kosten möglichst periodengerecht zuordnen will.

Können Sie eine solche Abschreibung für eine Photovoltaik-Anlage bitte näher erläutern?

Grundsätzlich gilt, dass die gewerblich genutzte Photovoltaik-Anlage nicht nur die Umwelt schont, sondern auch die Betriebskasse des Unternehmens. Sie verschafft dem Unternehmer nennenswerte Steuervorteile:

Der Unternehmer profitiert von hohen Abschreibungen. Hierzu muss man wissen, dass die Anschaffungskosten für die Anlage auf 20 Jahre abgeschrieben werden. Zusätzliche Sonderabschreibungen sind machbar.

Ich mache das gerne mal an einem einfachen Rechenbeispiel klar: Angenommen, eine Solaranlage kostet 100.000 Euro.

Für eine geplante Anschaffung kann der Betreiber vorab einen Investitionsabzugsbetrag von bis zu 40 Prozent der Nettoanschaffungskosten geltend machen. Vom verbleibenden Wert können in den ersten Jahren neben der regulären linearen Abschreibung weitere 20 Prozent abgeschrieben werden. Steuerlich relevant für die kommenden 20 Jahre sind demnach nur noch die verbleibenden Anschaffungskosten.

Ich nenne meinen Mandanten immer die Faustregel, dass Sie nach dem ersten Jahr mit etwa 50 Prozent Abschreibungen rechnen können – das ist doch mal ein luftiger Finanzierungsvorteil, oder?

Was sagt das Finanzamt denn zu den Abschreibungen?

Wenn die Abschreibungen in den ersten Jahren so hoch sind, entsteht steuerlich ein Verlust. Den Verlust erkennt das Finanzamt an. Er wird mit den anderen Einkünften verrechnet.

Bringt die Investition in die gewerbliche Photovoltaik-Anlage weitere steuerlich relevante Vorteile?

Zum einen kann der Landwirt, Gewerbetreibende oder Industrieunternehmer für die Errichtung seiner gewerblichen Solarstrom-Anlage staatliche Förderungen beantragen – bei Bund, Land und mitunter sogar bei der Gemeinde. Damit mindert er seine Ausgaben um Einiges.

Zum anderen wird ihm die Vorsteuer erstattet, die aus den Baukosten für die Anlage resultiert. Damit sinkt der Kapitalbedarf zur Anschaffung der PV-Anlage noch einmal um etwa ein Fünftel.

 

Was ist mit dem Eigenverbrauch des selbst erzeugten Solarstroms – wie wird der versteuert?

Der Betrieb hat bislang bereits Strom verbraucht. Den hat er aus dem öffentlichen Netz bezogen. Die Stromkosten flossen in die Betriebskosten ein und wurden dort steuerlich entsprechend verbucht. Jetzt kommt der Betriebsstrom als solarer Eigenstrom ganz oder teilweise vom unternehmenseigenen Dach. Die Stromkosten sinken infolgedessen um die Anteile, die solar gedeckt werden. Da selbst erzeugter Solarstrom deutlich günstiger erzeugt werden kann, als ein Unternehmer für Betriebsstrom aus dem öffentlichen Netz – selbst zu Sondertarifen – bezahlen muss, ergibt sich eine Kostenersparnis auf Seiten der Betriebskosten.

 

Hier möchte ich auf die Möglichkeit hinweisen, dass sich diese Ersparnis sogar noch steigern lässt, wenn der Unternehmer die Eigenverbrauchsquote erhöht, beispielsweise mit dem Einsatz von Stromspeichern (Batteriespeicher) oder dem Wechsel auf einen elektrischen Fuhrpark. Wobei man nicht vergessen darf, dass sich ohne einen zeitgleichen Verbrauch allerdings immer Speicherverluste ergeben.

 

Wie betrachtet das Finanzamt Einnahmen aus der Einspeisung überschüssigen Stroms?

Die Einnahmen, die der Unternehmer einstreicht, weil er überschüssigen Strom, den er selbst erzeugt hat, ins öffentliche Netz einspeist, sind quasi Verkaufseinnahmen, also Erträge. Und die werden ganz normal als solche verbucht und besteuert.

 

Wie stabil sind die oben behandelten steuerlichen Grundlagen? Muss der Unternehmer mit sich heute schon andeutenden Veränderungen rechnen?

Aus steuerlicher Sicht sehe ich heute keine grundlegenden Veränderungen in naher Zukunft. Das gilt nicht für die energierechtlichen Regelungen. Die sollte der Unternehmer deshalb stets im Auge behalten – und auch die erforderlichen Anmeldungen der Anlage nicht vergessen!

 

Vielen Dank, Rüdiger Quermann, für diesen ausführlichen Einblick in das Steuerrecht!

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